Bier war in Polen im 16. und 17. Jahrhundert ein Grundelement der Nahrung und seine Herstellung ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Stadt und auf dem Land. Trotz alledem wurde bisher die Bierbrauerei sowohl hinsichtlich des ganzen Landes als auch der einzelnen Landesteile nicht komplex untersucht. Der Autor konzentrierte seine Forschungen auf die gesellschaftliche Organisation der Bierproduktion, die Produktionsausmaße, die Menge und die Qualität der von der Bevölkerung konsumierten Getränkemengen sowie die verschiedenen Konsumptionsformen. Er analysierte die in Polnisch-Preußen, am Unterlauf der Weichsel, dem Gebiet mit der höchsten wirtschaftlichen Entwicklung und dem höchsten Urbanisierungsgrad in Polen, auftretenden Erscheinungen. Seine Erörterungen betreffen den Zeitraum von der Mitte des 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, wodurch die Entwicklungstendenzen im Brauereiwesen sowie die langfristigen Veränderung in Bierangebot und – nachfrage, als auch der Einfluß der Kriege mit Schweden (1626-1635, 1655-1660) auf den Stand dieses Nahrungsmittel Industriezweigs in einem unmittelbar vom Krieg betroffenen Land erfaßt werden können. Polnisch-Preußen war ein wirtschaftlich sehr differenziertes Land, weshalb der Autor besonders dem Gebiet des Weichsel-deltas – der Wojewodschaft Malbork – seine Aufmerksamkeit schenkte. Die Problematik dieser Wojewodschaft besitzt gewisse Eigenheiten. Die Mehrheit ihres Gebiets nahmen die Besitzungen der Stadt Elbląg (ca. 15000 Einwohner) und das dem König gehörende Krongut Malbork ein. Die in anderen Gebieten Polens und auch Preußens sehr wichtigen Adelsgtiter waren hier eine Randerscheinung. Gleichzeitig war Elbląg ein großes Brauereizentrum. In dieser Hinsicht kann man es mit den anderen großen preußischen Städten (Gdańsk, Toruń), die ebenfalls weitläufige Stadtghter besaßen, sowie den Hansestädten des Reichs vergleichen. Der andere große Bierproduzent in der Wojewodschaft war Malbork. Dieses ca. 5000 Einwohner starke Zentrum kam in den Ausmaßen seiner Bierproduktion Elbląg gleich. Darüberhinaus gab es in der Wojewodschaft einige kleine Städtchen, deren Einwohner sich ebenfalls mit Bierbrauerei befaßten. Obwohl die Wojewodschaft Malbork der am stärksten urbanisierte Teil Preußens war, gab es auch hier zahlreiche landwirtschaftliche Gebiete, wo die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Verhältnisse nicht von den in anderen Regionen Preußens und Polens angetroffenen abwichen (Burggrafschaft Sztum), Der Vergleich der Forschungsergebnisse dieser kleinen Wojewodschaft mit der Situation in anderen Regionen kann nach der Meinung des Autors sehr interessante Ergebnisse bringen. Über die Wahl der Wojewodschaft Malbork als Hauptforschungsobjekt entschied vor allem das Fehlen von Bearbeitungen über die Alkoholproduktion in diesem Gebiet sowie der Reichtum der archivalischen Materialien, die im Staatsarchiv in Gdańsk aufbewahrt werden und vor allem Elbląg und Malbork betreffen. Unter anderem erhielten sich viele Jahre umfassende Rechnungsserien der Stadtkämmerei Elbląg, der dortigen Bierbrauerzunft und die reichhaltige Korrespondenz der Stadt Malbork. Die Analyse der gesellschaftlichen Organisation der Bierbrauerei in Elbląg und Malbork vor dem Hintergrund der anderen Städte PolnischPreußens bildet den Inhalt des Kapitels II. Sowohl in den großen Städten (Gdańsk, Elbląg, Toruń), als auch den kleinen (Malbork, Tczew, Grudziądz) wich diese Organisation vom traditionellen Zunftsystem ab. Die in ersteren tätigen „Mältzenbräuerzunfte” waren eigentlich eine Vereinigung der Produktionsmittelbesitzer. Mit der Bierbrauerei befaßten sich in einer besonderen Zunft organisierte qualifizierte Lohnarbeiter und ungelernte, die in der Regel nach der Faßzahl bezahlt worden. In den kleinen Städten (unter 5000 Einwohner) stand, trotz der sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verschärfenden Beschränkungen, prinzipiell jedem Mitbürger das Bierbrauerecht zu. Hier spielte auch die Stadtgemeinde bei der Organisation der Produktion eine bedeutende Rolle, indem sie die Bau- und Unterhaltungskosten der Brauereien und Malzhäuser bestritt. In der großen Städten war das Patriziat, das in der Regel in den dörflichen Stadbesitzungen Brauereien anlegte der Hauptkonkurrent der zünftigen Produzenten. Dieses Vorgehen war eine der Ursachen der besonders in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sichtbaren Krise der zünftigen Bierproduktion. Gleichzeitig erreichte die Bierproduktion auf dem Land im 17. Jahrhundert, in der Wojewodschaft Malbork erst in der zweiten Hälfte, immer größere Ausmaße. Mit ihr befaßten sich der Adel, die Pächter der Krongüter und die Geistlichkeit. In der Wojewodschaft Malbork behielten die Bauern, im Gegensatz zum restlichen Preußen, weitgehende Rechte zum Brauen von Bier und anderen Getränken. Der Adel bemühte sich um das Braumonopol und versuchte gleichzeitig sein Bier in den Städten einzuführen. Natürlich wirkten sich diese Tendenzen ungünstig auf die Entwicklung der Bierproduktion in den Städten aus. In den 150 Jahren kam es jedoch zu keinen bedeutenden Veränderung in der Bierbrauereitechnik (Kapitel III). Der Malz wurde in den Malzhäusern vorbereitet, indem man ihn in Holztrögen oder – bottichen übergoß. Die Malztrocknung fand in den sog. Darre Bretterebenen, die sich über den Öfen befanden, meist in besonderen Räumen statt. Dann wurde der Malz in Mühlen gemahlen. Der Brauvorgang fand in Brauereien statt. Das Hauptausstattungselement waren die Braupfannee und – kessel. In den großen Städten waren die kupfernen Braukessel oft fest über dem Feuer angebracht. In den Stadtbrauereien besaßen sie eine Fassungskraft von 1200-1700 l, auf dem Land 60-900 l. In einigen Städten (z. B. Elbląg, Grudziądz) benutzten die Brauereien Wasserleitungen, in anderen wurde das Wasser Brunnen entnommen. Auf dem Land wurde das Wasser oft direkt aus dem Fluß oder dem See geschöpft. Die Malztrocknereien und Brauereien bildeten dort meist einen Gebäudekomplex, manchmal befanden sich alle Anlagen in einem Gebäude. In den Städten waren die Breuereien oft von den Malztrocknereien entfernt (z. B. Elbląg, Tczew). Sowohl in der Stadt, als auch auf dem Land fielen die Brauereigebäude nicht durch besondere Große auf. Die größte aus Elbląg bekannte städtische Malztrocknerei war in einem viereckingen Gebäude von 48,6x12,7 m eingerichtet Es wurden verschiedene Bautechniken und –materiale angewandt: Holz, Fachwerk, ZiegeL Die Kriege wirkten sich auf das technische Niveau der Brauereien sehr schlecht aus. Besonders in den kleinen Städten und auf den Dörfern waren die Brauereien während der Schwedischen Besetzung zerstört worden. Die Braupfanne und Kessel waren nämlich ein beliebtes Beutegut. Das Kapitel IV enthält Feststellungen über die Ausmaße und Entwicklungstendenzen der Brauerei in den Städten der Wojewodschaft Malbork. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden in Elbląg 2000 Lasten Malz zu Bier pro Jahr verarbeitet, zum Ende des 17. Jahrhunderts überschritt diese Zahl nicht 1000 Lasten. Bei einer ständig fallenden Tendenz kam es in den 60-er Jahren des 17. Jahrhunderts zum größten Abfall. Der Zeitabschnitt der schwedischen Okkupation ist erst durch ein Ansteigen und dann ein deutliches Abfallen der Produktion charakterisiert. Ähnliche Abfalltendenzen kann man auch in anderen Städten (Malbork, Gdańsk, Toruń, Grudziądz) beobachten. Eine Ausnahme bildeten die 40-er Jahre des 17. Jahrhunderts, in denen es zu einem deutlichen Anstieg der Bierproduktion kam. Die Ausmaße der dörflichen Bierproduktion lassen sich viel schwerer bestimmen. Man kann nur feststellen, daß die große Offensive der Krongutpächter auf dem ländlichen Markt in Preußen erst gegen Ende des 16., in der Wojewodschaft Malbork erst: in der Mitte des 17. Jahrhunderts begann. Ein besonderes Problem ist die Krage der Saissonabhängigkeit der Bierproduktion. Aus den auf städtischen Quellen (Elbląg, Toruń) basierenden Erkenntnissen des Autors folgt, daß die Wochen vor Weihnachten und Ostern, der Frühling (März-Mai) sowie der November die Zeiten der Spitzenkonjunktur waren. Der größte Produktionsabfall war in den Monaten von Juni bis September zu beobachten. Der Autor versuchte auch, die Bierproduktion einiger Städte in Liefern abzuschätzen. In Elbląg wurden 1580 ca. 50000 hl Vollbier hergestellt, 1656 ca. 400000 hl, 1700 ca. 23000 hL In Malbork schwankte die Produktion von ca. 40000 hl im Jahr 1580 bis zu ca. 26000 hl im Wirtschaftsjahr 1711/12. Hierbei handelt es sich um Minimalwerte, da die Quellen nur die legale Bierproduktion erfaßten. Die Einwohner Polnisch-Preußens tranken vor allem sehr kalorinhaltiges (1 l = über 800 kcal) Gerstenbier (Kapitel V). Allgemein wurde auch schwächeres Tafelbier von verschiedener Qualität konsumiert. Der Biermarkt wurde von den Konsumenten diktiert Ein Überangebot der Grundbierarten war eine ständige Erscheinung. Die Einwohner Polnisch Preußens tranken täglich pro Person mindestens 1,5 l Bier. Nach dem Preisanstieg im 16. Jahrhundert, brachte das nächste stagnierende Preise und gegen seinem Ende sogar einen Preisabfall (in der Umrechnung auf Silber). Die Preisentwicklung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begünstigte eine Nachfrageverlagerung vom Vollbier weg zu schlechteren und billigeren Bierarten hin. Man kann auch vermuten, daß der Schnaps erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Stelle des Biers unter den täglichen Genußmitteln der Bevölkerung einzunehmen begann. In dieser Zeit näherten sich die Preise für Bier und Schnaps auch etwas an. Trotz dieser Veränderungen war Bier bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts neben dem Brot eine der Hauptemährungskomponenten der Bevölkerung von Polnisch-Preußen. Es wurde auf verschiedene Weise konsumiert (Getränk, Suppe) und auch als Heilmittel und Kosmetikum verwandt. Um die Ausschänke konzentrierten sich das gessellige Leben, die Belustigungen und die Prostitution. Familien und Zunftfeierlichkeiten und Handelsabschlbsse wurden von Biertrinken begleitet.